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Friedrich Merz ist seit Mai 2025 Bundeskanzler. Schon kurz nach Amtsantritt machte er klar, dass er eine härtere Gangart beim Bürgergeld einschlagen will. Die Reform, die ursprünglich 2023 das alte Hartz-IV-System ablöste, sollte eigentlich soziale Sicherheit moderner, respektvoller und weniger bürokratisch gestalten. Jetzt steht sie erneut im Fokus – diesmal nicht als Ausbau, sondern als Korrektur mit klarer Verschärfung.

Das Bürgergeld entstand als Antwort auf jahrzehntelange Kritik an Hartz IV. Statt strenger Eingliederungsvereinbarungen wurden kooperative Pläne eingeführt, das Schonvermögen für Bedürftige deutlich erhöht, eine Karenzzeit für Unterkunftskosten geschaffen. Die Regelsätze wurden angehoben: von 449 Euro im Jahr 2022 auf 502 Euro 2023 und 563 Euro 2024 für Alleinstehende. Zum 1. Januar 2025 gab es erstmals keine Erhöhung, obwohl die Lebenshaltungskosten weiterhin steigen. Auch das wurde politisch bereits als „Stoppzeichen“ gedeutet.

Parallel wuchsen die Ausgaben. Fast 52 Milliarden Euro waren 2025 im Bundeshaushalt für Grundsicherung vorgesehen, allein knapp 30 Milliarden für das Bürgergeld selbst. Hinzu kamen Milliardenbeträge für Wohnkostenbeteiligungen und Eingliederungsmaßnahmen. In den Jobcentern werden aktuell fast drei Millionen Bedarfsgemeinschaften betreut, mehr als 5,5 Millionen Menschen sind von den Zahlungen abhängig, davon knapp vier Millionen erwerbsfähige Leistungsberechtigte.

Die Linie von Merz: Wer arbeiten kann, soll auch arbeiten. Wer zumutbare Jobs mehrfach ablehnt, soll mit harten Konsequenzen rechnen – bis hin zum vollständigen Leistungsentzug. Schon im März 2024 waren strengere Sanktionen eingeführt worden: Wer sich beharrlich weigert, Arbeit aufzunehmen, konnte den gesamten Regelsatz für zwei Monate verlieren, während Unterkunfts- und Heizkosten weiter gezahlt wurden. Doch Merz will weitergehen. Er spricht vom „Missbrauch“ staatlicher Unterstützung, den er nicht länger dulden will.

Wartende Personen im Jobcenter zum Bürgergeld.

Damit betritt die Regierung rechtlich vermintes Gelände. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2019 eine klare Grenze gezogen: Kürzungen ja, aber nicht unbegrenzt. Das Existenzminimum müsse gesichert bleiben. Schon die befristete Möglichkeit, Leistungen für kurze Zeit komplett zu streichen, bewegt sich am Rand dieser Vorgaben. Eine dauerhafte Vollsanktion würde mit Sicherheit wieder in Karlsruhe landen.

Doch Merz rechnet nicht nur juristisch, sondern auch politisch. Er will zeigen, dass die Union nach Jahren der Opposition nun „durchgreift“. Die Verschärfung wird als Signal an die arbeitende Bevölkerung verkauft: Steuergeld ist kein Freibrief für Bequemlichkeit. Gleichzeitig sollen die öffentlichen Finanzen entlastet werden, die durch steigende Sozialausgaben unter Druck geraten.

Die Kehrseite ist offensichtlich. Härtere Sanktionen können Menschen in prekäre Lagen treiben, die sich später kaum auffangen lassen. Wer völlig ohne Unterstützung bleibt, rutscht leichter in Wohnungslosigkeit oder Schwarzarbeit – mit langfristigen sozialen Kosten, die höher ausfallen können als die eingesparten Regelsätze. Auch der bürokratische Aufwand steigt: Jobcenter müssen prüfen, dokumentieren und Sanktionen umsetzen, was Personal bindet und Verfahren verlängert.

Die Zukunft des Bürgergeldes entscheidet sich damit an einer empfindlichen Balance. Auf der einen Seite steht das Ziel, Erwerbsarbeit stärker einzufordern, auf der anderen die Pflicht, das Existenzminimum zu garantieren. Die Reform von 2023 sollte Vertrauen und Respekt gegenüber Hilfebedürftigen stärken. Die Reform von 2025 droht, dieses Vertrauen zu belasten und das Bürgergeld erneut zum Symbol harter Auseinandersetzungen zwischen sozialer Sicherheit und politischem Leistungsdenken zu machen.

Ob die Handbremse von Merz ein Rettungsmanöver ist oder die Fahrt in eine Sackgasse, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen – wenn die Zahlen über Arbeitsaufnahmen, Ausgaben und die soziale Lage der Betroffenen auf dem Tisch liegen. Bis dahin bleibt das Bürgergeld ein Brennpunkt deutscher Politik, an dem sich entscheidet, wie sehr Solidarität und Strenge in einer modernen Sozialordnung nebeneinander bestehen können.

Weitere Informationen zum Bürgergeld .

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