Der Sommer 2025 fühlt sich anders an. Keine virale Hymne dröhnt aus allen Radios, kein Film zwingt ganze Generationen ins Kino, kein gemeinsames Meme dominiert die Feeds. Stattdessen verstreut sich das kulturelle Erleben in tausend kleine Strömungen – ein Phänomen, das Beobachter als „Brain-Rot Summer“ bezeichnen.
Der Begriff stammt ursprünglich aus der Netzkultur und beschreibt das Gefühl, in einem Überfluss an Inhalten zu ertrinken, ohne dass sich ein dominanter Moment durchsetzt. Wo einst „Barbenheimer“ oder Sommerhits wie „Despacito“ kollektive Erlebnisse schufen, herrscht nun ein kultureller Flickenteppich. Streamingdienste, Social Media und personalisierte Algorithmen verstärken diese Fragmentierung, indem sie Inhalte auf individuelle Interessen zuschneiden. Das Resultat: Jeder lebt in seiner eigenen Medienblase – und das globale „Wir“ schrumpft.
Kulturell hat das Konsequenzen. Ohne gemeinsame Bezugspunkte fehlt oft das Gefühl einer einheitlichen Ära. Trends entstehen schneller, verglühen aber auch in Tagen. TikTok-Clips und virale Sounds ersetzen den monatelangen Aufbau eines Popkulturphänomens. In der Mode zeigt sich Ähnliches: Statt prägnanter Stile dominiert die Idee der „Vibes“. Kleidung wird nicht mehr nach festen Trends getragen, sondern nach Stimmung, oft inspiriert von Nischen-Subkulturen oder Einzelfiguren in sozialen Netzwerken.
Doch dieser Wandel ist nicht nur Verlust. Die Auflösung der Massenkultur schafft auch Freiraum für Vielfalt. Kleine Künstler, Indie-Filme oder experimentelle Musiker finden ihr Publikum schneller – nicht über die breite Masse, sondern über gezielte digitale Pfade. Die Popkultur von heute ist nicht mehr die Hauptstraße, sondern ein Labyrinth aus Nebenwegen.
Was bleibt, ist die Frage, ob wir eines Tages diese Fragmentierung überwinden – oder ob die Ära der „großen kulturellen Momente“ endgültig vorbei ist. Vielleicht ist der Sommer 2025 nur ein Zwischenkapitel auf dem Weg zu einer neuen Form gemeinsamer Erlebnisse. Vielleicht aber erleben wir gerade die endgültige Auflösung einer Ära, in der Kultur noch im Gleichschritt marschierte.